Eine Rolex in Uganda


Mein letzter (und eigentlich erster) Besuch im subsaharischen Afrika war 2013 in Kenia, wo meine Freunde und ich auf Safari gingen und einige Tage am Strand verbrachten. Oft erzähle ich, dass Kenia '13 einer meiner Lieblingsurlaube ist. Nicht nur wegen der Tierwelt, sondern weil ich mich irgendwie in Mama Afrika verliebt habe. Ich habe keine Ahnung, warum ich so lange gewartet habe, um auf diesen Kontinent zurückzukehren. Michelle habe ich klar gemacht, dass Uganda oder Ruanda ein integraler Bestandteil unserer Weltreise sein würde. Die Gründe, warum wir uns für ersteres entschieden, finden sich in meinem letzten Artikel. Damals hatten wir erstklassige Lodges und waren nur zu sechst im Safari-Fahrzeug. Es war luxuriös im Vergleich zur Tour, die wir hier in Uganda buchten, aber versteht mich nicht falsch, ich würde es wieder genauso machen. Wir waren also auf einer Zeltsafari, was bedeutet, dass man nicht nur in Zelten schläft, sondern diese auch selbst aufstellt und den Touristenführer und/oder Koch bei Aufgaben wie dem Abwaschen unterstützt.

Fahren liegt in unserer DNS

Unsere Tour begann an einem Sonntagmorgen in Entebbe, der ehemaligen Hauptstadt von Uganda und der einzigen Stadt des Landes mit einem internationalen Flughafen. Nachdem wir neugierig waren, wer unsere Mitreisenden sein würden, trafen wir sie endlich: 6 aus Deutschland, 2 aus Irland und eine Mitreisende aus der Schweiz. Ein fantastisches Team. Die Tour wurde von Doctor geleitet, und wir hatten das Glück, Gourmetkoch Joseph dabei zu haben. Und ja, der Name Doctor ist korrekt.

 

Bevor es zu unserem ersten Ziel ging, machte Doc eine ausführliche Einweisung. Er zeigte uns das Fahrzeug: ein Lastwagen wie ein Schweizer Taschenmesser! Ausgestattet mit Gepäckfächern, Steckdosen, bequemen Sitzen, einem Kühlschrank, einem Gefrierschrank und genug Platz für alle Zelte, Stühle, Tische, Küchenutensilien und Lebensmittelvorräte. Ausserdem gab er uns einen Überblick über die Reiseroute (siehe Karte) und das Programm, welches aus fünf Hauptelementen bestand: Fahren, Pirschfahrten, Trekking, Essen und Schlafen.

 

Wie Ihr auf der Karte sehen könnt, haben wir fast das ganze Land bereist. Doc erklärte, dass die Firma Drifters vor etwa 40 Jahren gegründet wurde. Damals war die erste Tour eine einwöchige Wanderung in Südafrika; am ersten Tag würden sie 1000 Kilometer fahren, dann eine Woche wandern und schliesslich per Anhalter zurück zum Fahrzeug kommen. Doctor machte uns somit klar, dass das Fahren von langen Strecken Teil der DNS von Drifters ist und unsere Tour nicht anders sein würde. Zu guter Letzt fragte er uns, ob wir bemerkt hätten, dass in jeder Tourbeschreibung stand, dass die Teilnehmer flexibel sein sollten. Dies sei bewusst so geschrieben, da wir im Herzen Afrikas seien und die Dinge manchmal nicht nach Plan laufen würden. Wenn das der Fall wäre, sollen wir uns zurücklehnen und uns daran erinnern, dass wir im Urlaub seien.

Doc (links) und Joseph (rechts) bereiten das erste Mittagessen zu
Doc (links) und Joseph (rechts) bereiten das erste Mittagessen zu

Pole pole

Während ich die Art, wie man Dinge in der Schweiz tut, mit “getaktet“ beschreiben würde, wäre es für Uganda “entspannt“. Und nochmals, versteht mich nicht falsch, ich schätze das an diesem Land und Ostafrika im Allgemeinen. Auf Swahili gibt es sogar ein Wort dafür: Pole pole, was so viel bedeutet wie langsam langsam. Und es ist nicht nur ein Wort, sondern schon fast eine Denkweise. Es harmoniert gut mit einem Sprichwort, das ich kürzlich gelesen habe: Europäer haben die Uhren, Afrikaner haben die Zeit. Ja, die Wahrnehmung und Bedeutung von Zeit unterscheidet sich grundlegend von dem, was wir gewohnt sind. Es war kein Problem für Michelle und mich, da wir bereits 4 Monate in unserem unbezahlten Urlaub waren und daher Zeit-mentalitätsmässig schon irgendwo zwischen der Schweiz und Uganda waren, sagen wir Tschad. Passend dazu wird in Uganda eine der bekanntesten Mahlzeiten des Landes Rolex genannt (ein Omelett aus Eiern und Gemüse eingewickelt in einem Chapati). Eine Mahlzeit, die man überall bekommt, und die mich ständig daran erinnerte, dass nicht nur die Zeit eine andere Bedeutung hat, sondern auch das, was hinter einer Rolex steckt. Ich bevorzuge die ugandische Version; sie ist viel erschwinglicher und etwas, was man essen kann.

Eine Rolex: Sehr schmackhaft, aber Weight Watchers haben keine Freude daran.
Eine Rolex: Sehr schmackhaft, aber Weight Watchers haben keine Freude daran.

Es ist ein Abenteuer

Zurück zu unserer Tour. Doc und Joseph machten deutlich, dass wir sie nicht fragen sollten, wie lange wir unterwegs sein würden. Wir sollten sie fragen, wie weit wir fahren müssten. Wo liegt der Unterschied? STRASSENQUALITÄT, meine Freunde. Während einige Strassen in Uganda asphaltiert sind und wir problemlos mit 100 km pro Stunde fahren konnten, gibt es andere "Strassen", auf denen unsere Gruppe schneller gewesen wäre, wenn wir neben dem Lastwagen zu Fuss gegangen wären. Also waren die (manchmal) anspruchsvollen Strassen Teil unseres Abenteuers. Obwohl sie nicht so gefährlich sind wie in Bolivien (wo ich vor 10 Jahren war), waren sie für unseren versierten Chief Road Officer Doctor eine tägliche Herausforderung. Lob an ihn, dass er nicht stecken blieb bzw. mit uns den Hügel hinunterrutschte.

 

Es ist ein Abenteuer war ein Satz, den ich ein paar Mal benutzt habe. Immer wenn etwas ausserhalb meiner Komfortzone lag, wie das Duschen mit 756 Insekten oder wenn Dinge nicht nach Plan liefen, erinnerte mich dieser Satz daran, dass diese Momente grossartige Erinnerungen und Geschichten zum Erzählen sein würden. Und ist nicht die Lust nach Abenteuern der Grund, weshalb ich mir ein Jahr Auszeit genommen habe?!

Also, wie ist Uganda?

Um einen Eindruck davon zu bekommen, was wir während unserer Tour gesehen haben, schaut in die Galerie. Nachfolgend gibt’s ein paar Dinge, die mich beeindruckt haben. Rodamón mag ist sicherlich nicht The Economist oder National Geographic, aber ein wenig hinter den touristischen Vorhang zu schauen, ist eine Ambition, die ich habe:

  • Liebenswerte und freundliche Menschen: Egal, wo wir mit Einheimischen in Kontakt kamen, sie waren immer super freundlich und versuchten zu helfen, wo immer eine europäische Person (aka Muzungu) Hilfe zu benötigen schien. Ich habe irgendwo über die Bedeutung formeller Begrüssungen in Uganda gelesen; es wurde gesagt, dass es immer von höchster Wichtigkeit sei, Menschen zu grüssen und zu fragen, wie es ihnen geht. So ging ich vor, als ich einmal Joggen war. Auf meiner 45-minütigen Runde habe ich 30 Minuten damit verbracht, Menschen zu grüssen und mit ihnen zu plaudern, während neue Leute sich der Menschentraube um mich herum anschlossen, offensichtlich überrascht und aufgeregt, einen Muzungu in ihrer Gegend zu sehen. Die verbleibenden 15 Minuten wurde ich von Kindern begleitet, die mit mir mitrennen wollten, oder von einer Herde Hühnern verfolgt. Für sich ein weiteres Abenteuer.
  • Dicht besiedelt: Ugandas Fläche ist 5-mal grösser als die der Schweiz, und es gibt 5.4-mal mehr Einwohner. Um was geht’s, Chris? Gleich Bevölkerungsdichte?! Ja, aber es ist Afrika, ein Kontinent von grossen Entfernungen und (gefühlt) endlosem Land. Es ist bemerkenswert, wenn man immer und überall Menschen sieht. Vergisst man die Inseln rund um Afrika, ist Uganda Afrikas Nr. 5 wenn’s um die Bevölkerungsdichte geht. Kein Wunder, dass ich nie alleine auf meiner Laufrunde war.
  • Demografie auf den Kopf gestellt: Je wohlhabender eine Gesellschaft, desto älter ihre Leute und desto niedriger die Geburtenrate. In westlichen Ländern sehen wir eine urnenförmige Bevölkerungspyramide; in Uganda ist es umgekehrt. Nur 2.5% der Bevölkerung sind älter als 65, 48.1% sind Kinder unter 15, und die verbleibenden 49.4% sind zwischen 15 und 65. Die Lebenserwartung bei der Geburt beträgt 63 Jahre (84 in der Schweiz), was niedrig ist. Bedenkt aber, dass es früher schlechter war. Im Jahr 2000 betrug die Lebenserwartung gerade mal 48 Jahre (80 in der Schweiz).
  • Armut ist immer noch ein grosses Problem: Obwohl Uganda in den letzten Jahren wirtschaftlich erfolgreich unterwegs war, bleibt Armut ein zentrales Problem. Im Jahr 2019 mussten immer noch 42.2% der Bevölkerung mit weniger als 2.15 USD pro Tag auskommen. Die Situation hat sich verbessert; 1999 waren es 68.7% der Menschen im Land. Es gibt offensichtlich noch einen langen Weg zu gehen!
  • Vielfältige Landschaften: Uganda ist eines der 13 Länder, die auf dem Äquator liegen, daher geniesst ein grosser Teil des Landes tropisches Klima. Die Topografie, Windsysteme und zahlreiche Seen und Flüsse verursachen erhebliche Unterschiede im Niederschlag und deshalb erlebt man in Uganda eine erstklassige Vielfalt an Landschaften. Von Gletschern zu tropischen Landschaften, von Savannen zu Regenwäldern, Uganda hat (fast) alles.
Ein Plakat, welches den Zusammenhang von Korruption und Armut veranschaulicht.
Ein Plakat, welches den Zusammenhang von Korruption und Armut veranschaulicht.

Kurz gesagt: Uganda sollte man besuchen. Es bietet atemberaubende Tierwelten, wunderschöne Landschaften und abenteuerliche Strassen, aber vor allem ist es voller freundlicher, neugieriger und liebenswürdiger Menschen. Geht hin und unterstützt es mit eurem Besuch!

 

Wie geht’s weiter?

Es war in letzter Zeit ruhig auf rodamón mag. Das liegt nicht daran, dass wir nur am Strand rumlagen. Nach Uganda haben wir einen fantastischen zweiwöchigen Roadtrip durch Namibia gemacht, eine Woche in Kapstadt verbracht und Südafrika aus der Luft erkundet (Hinweis: Paragliding-Trip). Nun sind wir wieder auf einem Roadtrip, bei dem Michelle und ich Südafrika jenseits von Kapstadt erkunden. Ein Blog-Beitrag mit unseren besten Fotos aus Namibia wird bald folgen, hält euren Posteingang im Auge.

 

Passt auf euch auf und geniesst die Glühwein-Saison!

 

Chris


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Kommentare: 8
  • #8

    tom und miri (Montag, 04 Dezember 2023 20:39)

    hee chris
    ich han mich scho gfrögt, wenn widr en artikel chunt und zägg ischer da� geile reisebricht und no schöneri bilder. gnüssed südafrika und vorallem de gueti wii dete� freui mich scho ufde nächste bricht.
    lg usde verschneite schwiiz☃️

  • #7

    Edith (Montag, 04 Dezember 2023 11:53)

    Hallo Chris
    Wieder ein wunderbarer Artikel, der das Land bestens beschreibt. Danke auch für die schönen Bilder!
    Ich wünsche euch weiterhin viel Vergnügen mit euren Reisen - und ein guter Abschluss des Jahres.
    Liebe Grüsse
    Edith

  • #6

    Roli + Eli (Montag, 04 Dezember 2023 09:19)

    Chris, einmal mehr, grenzgenial und macht Appetit. LG

  • #5

    Ursi (Sonntag, 03 Dezember 2023 21:00)

    Christoph, du häsch wieder emal en SUPER Reisebricht gschriebe, Danke vielmal:) Und die Fotene, wunderschön!! Witerhin ganz e schöni Ziit und hebed eu Sorg xxx

  • #4

    Silvia keller (Sonntag, 03 Dezember 2023 18:52)

    So schön und super fotos geniest es liebs grüssli silvia

  • #3

    Michèle (Sonntag, 03 Dezember 2023 16:39)

    Danke lieber Chris für diesen fantastischen Bericht. Fühle mich gerade wieder in Uganda! Take care bei der Weiterreise. Liebe Grüsse aus den verschneiten Bergen.

  • #2

    vanderBuen (Sonntag, 03 Dezember 2023 16:17)

    Alter richtig geil!
    S letschmal hani soviel i dä vierte Klass gläsä vo dä ??? ! Aber dini Blog isch bedütend besser����

  • #1

    Andrea (Sonntag, 03 Dezember 2023 16:09)

    wow...! So toll geschrieben! Da möchte ich sofort es nochmal mit erleben.