Ein surrealer Ort namens Namibia


Konfuzius sagte einmal: "Wohin du auch gehst, gehe mit ganzem Herzen." Leichter gesagt als getan. Ich habe bereits ein Stück meines Herzens an Uganda und seine Berggorillas verloren, und wenn ich über unseren jüngsten Roadtrip durch Namibia nachdenke, liess ich auch dort ein Stück zurück.

Fast eine Wohnung auf vier Rädern

Namibia, im Südwesten des afrikanischen Kontinents gelegen, stellt das zweite Kapitel unserer Reise dar. Nach ein paar Transit-Tagen in Kapstadt sind wir am 25. Oktober in Namibias Hauptstadt Windhoek angekommen. Während wir Uganda im Rahmen einer organisierten Tour erkundet haben, sollte Namibia unser ganz eigenes Abenteuer werden. Unser Begleiter: Ein Toyota Hilux, den man fast als eine Wohnung auf vier Rädern bezeichnen könnte. Die Küche befindet sich hinten im Auto; sie umfasst einen Kühlschrank, Gaskocher, Pfannen, Besteck, Teller, Wassertanks, einen Tisch und zwei Stühle. Die Fahrerkabine war unser Wohnzimmer und unser Schlafzimmer befand sich im Dachzelt. Alles, was man für eine zweiwöchige Autoreise durch das Land braucht? Nun ja, normalerweise hatten wir Duschen und Toiletten auf den Campingplätzen, aber ich sagte schliesslich auch "fast eine Wohnung auf vier Rädern".

 

Unser Reisebegleiter
Unser Reisebegleiter

Der ultimative Roadtrip - 2400 Kilometer in 14 Tagen

Im Vergleich zu Roadtrips in anderen Ländern ist eine gründliche Planung für Namibia unerlässlich, Spontanität ist fehl am Platz. In der Schweiz haben wir unsere Route zusammengestellt und alle Campingplätze und Lodges vorausgebucht. Das war unbedingt notwendig, da Ende Oktober/Anfang November immer noch Hochsaison ist und die Unterkünfte an den meisten Orten ohnehin begrenzt sind. Wie Ihr auf der Karte sehen könnt, mussten wir weite Strecken zurücklegen. Man möchte (und kann) also nicht nach 300 Kilometern Schotterstrasse irgendwo ankommen und feststellen, dass es keine Unterkunftsplätze mehr gibt. Zudem ist Wildcamping offiziell nicht erlaubt. Darüber hinaus hat Namibia die zweitniedrigste Bevölkerungsdichte der Welt (gleich nach der Mongolei), daher sind Lebensmittelgeschäfte und Tankstellen nicht an jeder Ecke zu finden.

 

Unsere Reise führte uns durch grosse Teile des Landes, aber denkt daran, Namibia ist riesig (20-mal so gross wie die Schweiz), und deshalb konnten wir in zwei Wochen nicht alle Regionen abdecken. Wir haben bewusst den Norden ausgelassen, wo sich unter anderem der berühmte Etosha-Nationalpark befindet. Unsere Überlegung: Nachdem wir in Uganda bereits viele Tiere gesehen haben, wollten wir unsere Zeit lieber nutzen, um die übrigen Naturspektakel des Landes zu erkunden. Ironischerweise haben wir trotzdem viele Tiere gesehen, wie Ihr in der Galerie erkennen werdet.


Zu Hause nennen wir das eine Blindschleiche

Nach drei Nächten in den Erongo-Bergen zwischen Windhoek und der Küste, verbrachten wir einige Nächte in der Küstenstadt Swakopmund. Von dort aus besuchten wir mit einem Geländefahrzeug die atemberaubende Sandwich Harbour und unternahmen eine Quad-Bike-Expedition durch die Wüste. Ich habe das Wort "Expedition" absichtlich gewählt; wir sind nicht nur durch den Sand gerast, sondern waren auch auf der Suche nach Wildtieren. Dank den Adleraugen unseres Guides lernten wir die "Zwergpuffotter" kennen, eine kleine, aber giftige Schlange. Ich scherzte, dass wir zu Hause Reptilien dieser Grösse und Form eine Blindschleiche nennen. Jedoch muss ich zugeben, dass ich diesen Kommentar erst gemacht habe, als ich erfahren habe, dass ein Biss nicht tödlich wäre.

Sieht wie eine Blindschleiche aus
Sieht wie eine Blindschleiche aus

 

Dakar Rallye

Mit unserer nächsten langen Fahrt verliessen wir die Küstenregion und begaben uns weiter ins Landesinnere; wir fuhren südöstlich nach Sesriem, einem Dorf in der Nähe von Sossusvlei, Namibias wichtigster Touristenattraktion. Es handelt sich im Grunde um eine Salz- und Tonpfanne, die von hohen rotfarbigen Sanddünen umgeben ist. Um an diesen seltsamen Ort zu gelangen, muss man den Eingang des Namib-Naukluft-Nationalparks passieren und dann weitere 67 Kilometer bis zu Sossusvlei/Deadvlei fahren (letzteres ist eine weitere Salz- und Tonpfanne, in der jedoch zusätzlich tote Bäume stehen).

 

Angespornt vom Empfangschef unseres Campingplatzes dachten wir, es sei ein Muss, sich den Frühaufstehern anzuschliessen und um 5:30 Uhr zur Parköffnung beim Eingangstor bereitzustehen. Er sagte uns, dass die meisten Leute an der ersten hohen Düne anhalten würden, und wenn wir weiterfahren würden, wären wir die ersten bei Sossusvlei/Deadvlei. Nun ja, soweit die Theorie, die Realität sah anders aus.

 

Um 5:15 Uhr verliessen wir unseren Campingplatz und reihten uns als Auto Nr. 7 in der Warteschlange vor dem Tor ein. Soweit so gut. Um 5:30 Uhr öffneten die Ranger das Tor, und hier kommt nun der erste Fehler. Unsere freundlichen Mitwartenden auf Position 4 dachten, es sei eine gute Idee, allen Spätaufstehern und ihren Autos, die vom Campingplatz kamen, den Vortritt zu lassen. Um 5:35 Uhr hatten wir entsprechend bereits 20 Plätze verloren. Unsere Hoffnung, die ersten zu sein, gaben wir auf, als wir 10 Kilometer weit im Park waren. Obwohl das Tempolimit deutlich bei 60 km/h lag, kümmerten sich nicht viele Leute darum, und es fühlte sich an wie die Dakar Rallye; weitere 30 Autos überholten uns. Das war Fehler Nr. 2, aber der Empfangschef hatte recht; einige Leute hielten an der ersten hohen Düne an, also gehörten wir schlussendlich zu den ersten 10 bis 20 Besuchern, die Deadvlei erkundeten.

 

Ironischerweise wäre es akzeptabel gewesen, später am Morgen dorthin zu kommen. Die Atmosphäre war immer noch einzigartig gegen 9:00 Uhr, und die Anzahl der Besucher war in Ordnung. Das ist also unser Tipp, wenn Ihr diesen bemerkenswerten Ort besuchen möchtet. Schlaft bitte aus. 

 

Insgesamt handelt es sich um eine schwer zu fassende Landschaft, die mich zum Titel dieses Artikels inspiriert hat und zusammenfasst, wie Namibia sich anfühlte: Ein surrealer Ort.

Diese Photoshooting-Crew war definitiv nicht mit 60 km/h unterwegs
Diese Photoshooting-Crew war definitiv nicht mit 60 km/h unterwegs

Grüss Gott Klippschliefer

Wir setzten unsere Reise weiter nach Süden fort, nach Aus und Lüderitz, wobei letzteres ein Hafen mit einzigartiger deutscher Kolonialarchitektur ist. Die Restaurants servieren Schweinshaxen und Sauerkraut. Mehr über diesen europäischen Einfluss weiter unten. Bevor wir wieder in Richtung Windhoek aufbrachen, hatten wir ein kurzes Intermezzo beim Fish River Canyon, der zweitgrössten Felsschlucht der Welt. Wir wurden mit einem herrlichen Sonnenuntergang gesegnet und lernten auch Klippschliefer kennen: Kleine Säugetiere, die am engsten mit Elefanten verwandt sind. Ja, sie sind auf dem Foto auf der rechten Seite bzw. unten zu sehen. Meiner bescheidenen Meinung nach sehen sie eher wie Murmeltiere aus. Wissenschaftler behaupten jedoch, dass sie Cousins von Elefanten sind. Mit meinem begrenzten biologischen Wissen würde ich mich nicht trauen, diese Forschungsergebnisse in Frage zu stellen, jedoch sind die Ähnlichkeiten nicht unbedingt offensichtlich.

Klippschliefer sind nahe Verwandte von Elefanten.
Klippschliefer sind nahe Verwandte von Elefanten.

Unser letzter Aufenthalt war in der Bagatelle Kalahari Ranch, einem privaten Wildreservat in der Kalahari-Wüste mit eigener Geparden-Schutzstation. Wie auf den meisten Campingplätzen hatten wir auch dort ein kleines Chalet mit Dusche, Toilette und einer winzigen Küchenecke. Beim Zubereiten eines Curry-Gerichts wurden wir überrascht, als ein neugieriger Strauss plötzlich zwei Meter vor unserem Gaskocher auftauchte. Als ob das nicht genug gewesen wäre, bekamen wir nur 10 Minuten später einen Staatsbesuch von Bruno und seiner Freundin, den beiden einzigen Nashörnern des Wildreservats.

 

Ein surrealer Ort

Fast jeden Tag hatten wir eine Erfahrung, die unsere Vorstellung von Namibia als surrealem Ort untermauerte. Hier sind ein paar Beispiele:

 

1) Reiche und farbenfrohe Sonnenuntergänge - Spektakuläre Tage wurden noch beeindruckender, als die Sonne zu verschwinden begann. Die wüstenähnliche Umgebung, der rote Sand und das schwindende Sonnenlicht verwandelten die Landschaften in ein Fest der Farben. Es überrascht also nicht, dass es landesweit zur Tradition gehört, während des Sonnenuntergangs einen Drink zu geniessen - ein schönes Ritual namens "Sundowner".

 

2) Wenige Schritte vom Universum entfernt - Ein fantastischer Sonnenuntergang ist nicht der letzte Höhepunkt eines Tages. Dank der geringen Bevölkerungsdichte und des trockenen Klimas ist Namibia gesegnet mit sehr geringer Lichtverschmutzung und daher ein perfekter Ort für Sternenfotos. Man kann die Milchstrasse bereits mit blossem Auge erkennen, und manchmal dachten wir wirklich, wir wären irgendwo in der Milchstrasse unterwegs. Schaut euch die Galerie an!

 

Sonnenuntergang über dem Fish River Canyon
Sonnenuntergang über dem Fish River Canyon

3) Endlose Leere, oder doch nicht? - Man könnte stundenlang durch wüstenähnliche Landschaften fahren, und dann, aus dem Nichts, steht jemand am Strassenrand und sucht eine Mitfahrgelegenheit, ein Pavian überquert die Strasse oder eine Herde Schafe ist unsicher, auf welcher Strassenseite sie entlanggehen sollen. Und dann, wenn man überzeugt ist, am Ende der Welt angekommen zu sein, findet man einen Bauernhof, der seinen Apfelkuchen als den besten der Welt bewirbt.

 

Deutsche Kolonialarchitektur in Lüderitz
Deutsche Kolonialarchitektur in Lüderitz

4) Schweinshaxen und Sauerkraut in Afrika?! - Wart Ihr überrascht zu lesen, dass wir in Namibia Oktoberfest-Essen bekommen haben? Die Erklärung dazu findet sich in der Vergangenheit des Landes. Namibias Geschichte ist geprägt von einer langen Tradition indigener Kulturen, einschliesslich der San, Nama und Herero. Ende des 19. Jahrhunderts begannen deutsche Geschäftsleute und Siedler mit der Kolonisierung und übernahmen die Kontrolle über das Gebiet, das damals als Deutsch-Südwestafrika bezeichnet wurde. Deshalb findet man gut erhaltene deutsche Kolonialarchitektur in Städten wie Lüderitz oder Swakopmund und andere Überbleibsel wie deutsche Gerichte oder Menschen mit deutschen Namen wie Alfons, Franz, usw.

 

Übrigens endete die deutsche Kolonisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Während des Ersten Weltkriegs besetzte Südafrika Namibia, und der Völkerbund gab Südafrika ein Mandat zur Verwaltung des Gebiets. Die Apartheidpolitik Südafrikas führte jedoch zu Jahrzehnten der Unterdrückung und des Widerstands. Nach einem langwierigen Kampf erlangte Namibia schliesslich 1990 die Unabhängigkeit und wurde zu einer souveränen Nation mit vielfältigen ethnischen Gruppen, einer demokratischen Regierung und einer stetig wachsenden Wirtschaft.

Soviel also zu Sauerkraut und Namibia. Tauche in die Galerie ein, falls du es noch nicht getan hast und geniesse die Schönheit dieses wirklich surrealen Landes. Der nächste Artikel kommt voraussichtlich Anfang Januar, wo ich über unsere Zeit in Südafrika schreibe.

 

Ich wünsche euch besinnliche Festtage und einen grossartigen Start ins Jahr 2024!

 

Chris


galerie



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Kommentare: 7
  • #7

    Dominik (Donnerstag, 28 Dezember 2023 22:44)

    Wow, wunderschöne Bilder!! Was hast du für ein Objektiv? Oder waren einige der Tiere wirklich so nah. � Namibia ist weit oben auf unserer Wunschliste, und dein Bericht bekräftigt das einmal mehr! Aber wird haben halt nur 6 Monate Zeit… �

  • #6

    Olena (Mittwoch, 27 Dezember 2023 08:39)

    Mit deinem Bericht und den Photos kann man so richtig in die magische Nambiawelt eintauchen! besonders die Fotos der Milchstrasse sind wortwörtlich surreal. Frohe Weihnachten (nachträglich) und Guten Rutsch in das Neue Jahr! Lieber Gruss, Olena

  • #5

    Edith (Sonntag, 24 Dezember 2023 13:33)

    Dein Bericht und die schönen Bilder sind schon fast ein Weihnachtsgeschenk, Erinnerungen an eine ähnliche Reise, die wir vor etwa 15 Jahren gemacht haben. Ich schlage jedoch vor, dass ihr nun nach Hause kommt, mehr Herz verlieren geht nicht �.
    Ich wünsche euch frohe Festtage und es guets Neus!
    Lieben Grüße
    Edith

  • #4

    Silvia keller (Sonntag, 24 Dezember 2023 11:50)

    Wow so schön soviele tolle eindrücke wünsche euch auch tolle festtage und geniest weiterhin eure reise liebs grüssli silvia &götti

  • #3

    Roli+Eli Hess (Sonntag, 24 Dezember 2023 10:52)

    Der Bericht und die Fotos, genial und als wir dabei gewesen wären, danke Chris. Schöne Festtage und ebenso ein gutes Neujahr

  • #2

    Carmelita (Sonntag, 24 Dezember 2023 10:32)

    ❤️❤️❤️

  • #1

    Michèle (Sonntag, 24 Dezember 2023 09:53)

    Fantastisch! Danke für diesen tollen Bericht und Fotos. Wünsche Euch fröhliche Weihnachten. Liebe Grüsse von der.Piste.☃️��